Der Bistumsgründer

Liudger entstammte einer friesischen Adelsfamilie und wurde vermutlich in Zuylen an der Vecht geboren. Erzogen wurde er unter der Obhut des heiligen Gregor von Utrecht, später studierte er bei Alkuin von York. Im Jahre 777 empfing er in Köln die Priesterweihe und machte sich sodann wieder nach Friesland auf, um dort zu missionieren. Als die Sachsen unter der Führung ihres Herrschers Widukind dort einfielen, flüchtete Liudger zunächst nach Utrecht und ging später nach Italien ins Kloster Montecassino, ohne jedoch selbst Mönch zu werden.

Karl der Große rief Liudger schließlich nach Deutschland zurück und übertrug ihm die Mission der Friesen und Sachsen. Im Jahr 794 gründete er in der Siedlung Mimigernaford ein Stift, in dem er selbst mit einigen Mitarbeitern nach den Gemeinschaftsregeln Chrodegangs lebte. 805 wurde Liudger zum Bischof des neu gegründeten Bistums Münster geweiht. Vier Jahre später starb er in Billerbeck nach einer Predigt. Lange vorher schon hatte er dieses Datum als seinen Todestag vorhergesehen. Bestattet wurde Liudger, seinem Willen folgend, in der Abteikirche in Werden, einem heutigen Stadtteil von Essen.

Biografische Daten

742 - Liudger wird, vermutlich in Zuylen an der Vecht, geboren
Erziehung in Utrecht unter Abt Gregor
767 - Studium und Diakonenweihe in York
776 - Erster Missionsauftrag in Deventer
777 - Priesterweihe in Köln
anschließend Missionsarbeit in Friesland
784 - Flucht vor dem Sachsenaufstand über Utrecht nach Italien
787 - Beauftragung zur Friesenmission durch Kaiser Karl den Großen
792 - Zusätzliche Beauftragung zur Mission im westlichen Sachsen (heutiges Münsterland)
793 - Baubeginn der ersten Kirche in Münster
799 - Gründung des Klosters Werden an der Ruhr
30.03.805 - Weihe Liudgers zum Bischof von Münster durch den Kölner Erzbischof Hildibald
26.03.809 - Tod Bischof Liudgers in Billerbeck

Vita

Liudger war der Sprössling einer alten friesischen Adelsfamilie. Schon seine Eltern Thiadgrim und Liadburg waren im christlichen Glauben erzogen worden, seine Onkel Willibraht und Thadbraht zählten zu den Gefährten des heiligen Willibrord. Schon von frühen Kindesbeinen an verspürte Liudger eine Berufung zum Studium und zum Wirken für Gott. Insbesondere war er vom heiligen Bonifatius beeinflusst, den er als greisen Missionar noch erleben durfte. Diese Begegnung festigte seinen Wunsch, von der Kirche ausgebildet zu werden.

Die Eltern erfüllten dieses Ansinnen gerne und legten die Verantwortung für die weitere Ausbildung Liudgers in die Hände des Abtes Gregor von Utrecht. Zwölf Jahre lang wurde der Knabe in der Utrechter Stiftsschule in allen wichtigen Fächern der damaligen Zeit ausgebildet. Danach ging er nach York, um unter Alkuin sein reichhaltiges Wissen weiter zu vertiefen. In York empfing Liudger auch die Diakonenweihe. Nach insgesamt fast sechs Jahren des Studiums kehrte er in seine friesische Heimat zurück.

Hier übernahm er 776 erstmals einen Missionsauftrag in Deventer, der Gründung des heiligen Lebuin. Ein Jahr später wurde er in Köln zum Priester geweiht. Im Anschluss an die Weihe wurde Liudger zunehmend im friesischen Ostergau aktiv. Den Mittelpunkt seines Schaffens bildete Dokkum, jener Ort, an dem Bonifatius Jahre vorher grausam zu Tode gekommen war. Die Mission verlief erfolgreich, bis sich die benachbarten Sachsen zu einem Aufstand erhoben, der auch auf Friesland übergriff. Liudger musste fliehen, ging zunächst nach Utrecht und nutzte die Gelegenheit zu einer Pilgerfahrt nach Rom, wo er mit Papst Hadrian I. zusammentraf, um ihm von der nunmehr zerstörten Friesenmission zu berichten.

Nachdem der Papst ihm aufmunternde Worte mit auf den Weg gegeben hatte, begab sich Liudger nach Montecassino. Dort wollte er sich Anregungen holen für eine Klostergründung, die er langfristig in Friesland verwirklichen wollte. Während seines zweijährigen Aufenthalts in Montecassino lebte er nach den Regeln der Benediktiner, ohne jedoch ihre Gelübde abgelegt zu haben.

Eines Tages im Jahre 787 traf Kaiser Karl der Große im Stammkloster der Benediktiner ein. Er war auf der Suche nach tüchtigen Missionaren, die er in sein inzwischen befriedetes Reich senden konnte. Schnell erkannte er die Begabung Liudgers und sandte ihn nach Friesland zurück, um dort die Kirche in den Gauen Hummerke, Hunsegau, Fivelgau, Emsgau und Federgau wieder aufzubauen. Mit Geschick und Gespür für die Besonderheiten seiner Landsleute ging Liudger diese Aufgabe an und hatte dabei großen Erfolg. Selbst auf der einsamen Insel Helgoland konnte 791 die erste Kirche gebaut werden. Ein erneuter Aufstand der Sachsen, der sich abermals auf Friesland auswirkte, konnte der erfolgreichen Verkündigungsarbeit Liudgers diesmal nichts mehr anhaben, obschon er persönlich ein weiteres Mal zur Flucht gezwungen war, diesmal allerdings nur für kurze Zeit.

Karl der Große trug dem Friesenmissionar nunmehr die Bischofswürde von Trier an. Dieser jedoch bat darum, die Leitung der ältesten deutschen Diözese nicht annehmen zu müssen, dafür gebe es Kandidaten, die weit gebildeter seien als er, befand Liudger. Stattdessen bat er Karl darum, seine Mission im westlichen Sachsen, dem Gebiet des heutigen Bistums Münster, fortführen zu dürfen. In Mimigernaford, einer besiedelten Straßenkreuzung in der Nähe des Flüsschens Aa, ließ sich Liudger nieder und gründete dort ein Kloster, das fortan den Mittelpunkt seines missionarischen Schaffens bildete. Aus diesem Kloster entwickelte sich die spätere Bischofsstadt Münster. Liudger, der der jungen Kirche Westsachsens erstmals eine Struktur verlieh, gründete neben Münster zahlreiche weitere Klöster, so auch 799 die Benediktinerabtei Werden an der Ruhr.

Immer deutlicher wurde der Wunsch Kaiser Karls offenbar, Liudger die Bischofswürde zukommen zu lassen. Lange konnte dieser sich erfolgreich dagegen sträuben. Er hielt sogar Ausschau nach jemandem, den er an seiner Statt auf den Bischofsthron schicken konnte, doch fand er niemanden, der sich dazu berufen fühlte. Schließlich wurde Liudger nach langem Zögern im Jahr 805 zum ersten Bischof von Münster geweiht. Sein neu geschaffenes Bistum weihte er dem heiligen Paulus, den er schon seit langer Zeit verehrte.

Als Bischof war es Liudgers Aufgabe, ausgedehnte Visitationsreisen durch seinen Kirchensprengel durchzuführen. So kam er im Frühjahr des Jahres 809 nach Coesfeld und Billerbeck, körperlich bereits durch Krankheit und Entkräftung gezeichnet, jedoch immer noch ein vorbildhafter Seelsorger und geistig von großer Klarheit. Ein letztes Mal predigte er am 26. März 809 vor den Seinen, ehe er in der darauf folgenden Nacht sein Leben zurück in die Hände seines Schöpfers legte. Auf seinen eigenen Wunsch wurde der Leichnam Liudgers in die Benediktinerabtei Werden gebracht und dort zur ewigen Ruhe gebettet.

Text: Thomas Mollen
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben
24.01.2008