Warum die Wächterin auf Hüte achtet - Karin Osterkamp arbeitet als Kustodin im St.-Paulus-Dom

Münster / Albersloh (pbm/al). Statt einer Uniform trägt sie eine Armbinde, und bewaffnet ist sie meist nur mit einem freundlichen Lächeln. Trotzdem ist Karin Osterkamp eine Wächterin: Seit Anfang 2008 arbeitet die Albersloherin als Kustodin – das ist der lateinische Ausdruck für Wächterin – im St.-Paulus-Dom Münster.

Die heutige Rentnerin war noch im Bischöflichen Generalvikariat im Bereich Haushaltswirtschaft berufstätig, als sie die Ausschreibung der Position las. „Damals konnte ich mir unter einer Kustodin selbst nichts vorstellen, aber eine Tätigkeit im Dom fand ich interessant“, erinnert sie sich. Sie informierte sich, bewarb sich erfolgreich und wurde von anderen Kustoden auf ihren Aufgabe vorbereitet.

Seitdem ist die 65-Jährige einmal wöchentlich vormittags oder nachmittags im Einsatz, geht – ohne festen Rundgang – durch den Dom, schaut nach dem Rechten, beantwortet Fragen. So wie neun andere Domkustoden, darunter zwei weitere Frauen, macht sie diesen Dienst nebenamtlich. Zusätzlich gibt es ehrenamtliche Kustoden, die vor allem die Abende abdecken.

Ihre Aufgaben bringt Karin Osterkamp auf den Punkt: „In Vertretung des Domkapitels achten wir auf die Einhaltung der Hausordnung.“ Da ist schon mal Fingerspitzengefühl gefragt. Zum Beispiel halten die Kustoden laut Osterkamp Dombesucher davon ab, mit Blitzlicht zu fotografieren, zu essen und zu trinken oder zu rauchen. Sie bitten Männer, Mützen und Hüte abzunehmen, und Frauen, die etwa ein Spaghetti-Top tragen, Schultern und Dekolleté zu bedecken. Gelegentlich müsse man auch Lehrer darauf hinweisen, dass die Klasse zu laut sei. Außerdem seien Tiere nicht erlaubt und dürften die Gottesdienste nicht gestört werden.

Für all das sorgt Karin Osterkamp, und sie tut es nett und charmant. „Wenn ich den Menschen freundlich gegenüber trete und ihnen erkläre, dass sie an einem heiligen Ort sind, dann kommt meistens auch Verständnis zurück“, hat sie erfahren.
Dabei ist nicht jeder Dienst gleich, sondern so vielfältig wie die Menschen, die den Dom aufsuchen. Osterkamp erinnert sich unter anderem an eine ältere Dame, die sich erkundigte, wer heute die Beichte halte. Man sei ins Gespräch gekommen. Die Dame habe so viel aus ihrem Leben erzählt, dass sie schließlich mit den augenzwinkernden Worten geendet habe: „Ich glaube, jetzt brauche ich heute gar keine Beichte mehr.“

Auf ein Gespräch ließ sich Osterkamp auch mit einem Wohnungslosen ein, der eines Tages offensichtlich betrunken durch den Dom irrte. „Erst wollte ich ihn rausschicken“, erzählt sie, „dann habe ich aber ein Stoßgebet zum Himmel geschickt und ihn einfach mal angesprochen.“ Auch dieser Mann habe ihr aus seinem Leben berichtet. „Zum Schluss war er ganz ruhig“, erinnert sich die Kustodin, „und hat still den Dom verlassen.“

Diese Momente sind es, die sie ihre Tätigkeit lieben lassen: „Dass ich oft die Dankbarkeit der Menschen spüre und meinen Glauben einbringen kann, das ist das Schöne“, findet die verheiratete Frau. So engagiert sie sich ebenfalls in ihrer Kirchengemeinde, unter anderem in einem Indien-Freundeskreis und bei Erholungsangeboten für Kinder aus der Tschernobyl-Region.

Wie diese Ehrenämter, so bringt ihr auch die Arbeit als Kustodin persönlich etwas – davon ist Karin Osterkamp überzeugt. „Da ist viel gewachsen“, meint sie. Und ergänzt lächelnd: „Ich habe viele Tätigkeiten und Termine – das im Dom würde ich als letztes aufgeben.“