Mild lächelndes Jesuskind
Seine Rechte in die Seite gestemmt trägt Christophorus das mild lächelnde, auf seiner rechten Schulter thronende Jesuskind: seine Rechte ist zum Segen erhoben, seine Linke hält eine Weltkugel mit goldenem Kreuz als Zeichen seiner Weltherrschaft. Sein Haupt zeichnet der bindende Kreuznimbus aus als zeichenhaftes Attribut seiner Göttlichkeit und seines Erlösungstodes. Das lange Gewand des Jesuskindes ist von zeitloser Schlichtheit.
Der hohe Sockel der Statue mit Inschrifttafel und Wappenzier stammt aus verschiedenen Zeiten: Unter den Füßen der Statue liegt ein flaches Podest, das die Stiftungsinschrift des Auftraggebers trägt. Hierin nennt sich der Auftraggeber Johann Heidenreich von Vörden zu Darfeld als Leiter der Domschule, als Domherr und Propst des Alten Domes zu Münster, der die Statue 1627 errichten ließ. Der unter der Inschrifttafel angebrachte Cherub und die ihn flankierenden vier väterlichen und mütterlichen Familien-Wappen des Stifters gehören auch zu dem Podest der Statue von 1627, wenn sie auch am Kapitell des spätgotischen, reich mit Maßwerk verzierten Sockel befestigt - quasi vorgesetzt - sind: dem mittleren Cherub zugeordnet links das väterliche Wappen Vörden zu Darfeld (geschachtetes Kreuz), und rechts das mütterliche Wappen Harmen (mit drei Hermelinen), links außen das Wappen Münster, rechts außen Droste.
Samson als typologisches Vorbild Christi
Die Namen dieser Adelsgeschlechter sind an der Oberkante des Podestes auch eingemeißelt. Die Bezeichnung des mütterlichen Wappens (Harmen) wurde leider (nach 1946) falsch mit "Harman" ergänzt. Die Familie Harmen (daher die Wappentiere: Hermelin, Hermelchen, Harmelchen) gehörte zu den alten Geschlechtern der Grafschaft Mark (um 1700 erloschen). Der spätgotische, mit Maßwerk verzierte Sockel der Statue trug ursprünglich eine ältere, wohl aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammende Christophorus-Statue, die den Zerstörungen der Wiedertäufer (1534/35) zum Opfer gefallen ist. Auf dem heute durch die vier Stifterwappen und den Cherub halbverdeckten Kapitell dieses Sockels -zwischen heraldisch stilisierten Ranken - erkennt man noch drei demolierte Szenen aus dem Leben des alttestamentlichen, mit ähnlichen Körperkräften ausgestatteten Samson, der die Tore von Gaza fortträgt, den Löwen zerreißt und die Säule des Palastes der Philister zerbricht (Richter 13-16).
Samson galt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit als typologisches Vorbild Christi. In seinem Hebräerbrief erwähnt der Apostel Paulus Samson als Glaubenszeugen (Hebr.11,32). Die drei Taten Samsons weisen symbolisch/typologisch auf das Erlösungswerk Christi hin: der Löwenkampf Samson (mittig) auf seine Passion; das Einstürzen des Palastes auf seinen Tod (rechts); das Forttragen der Tore von Gaza auf seine Auferstehung (links), die um 1263/64 verfasste "Goldene Legende" (Legende aurea) des Jacobus de Voragine berichtet über das Leben des Heiligen ausführlich: Der Riese Reprobus (= der Verworfene) -nach seiner Taufe heißt er Christophorus, das heißt Christusträger - suchte sich den mächtigsten König, nur diesem will er dienen.
Als der König bei einem Spielmannslied, in dem mehrmals der Teufel genannt wird, sich jedes Mal bekreuzigt, muss er zugeben, dass er sich vor dem fürchtet. Da verlässt Christophorus ihn, um dem Mächtigeren zu dienen. Er stellt sich in den Dienst des Teufels. Sie ziehen gemeinsam des Weges, da wird ein Kreuz sichtbar, der Teufel macht ausweichend einen großen Bogen um das Kreuz und er muss zugeben, dass er das Bild des Gekreuzigten über alles fürchtet. Christophorus verlässt ihn und will nun diesem Mächtigeren dienen. Lange ist er auf der Suche und übernimmt die Aufgabe, durch einen Einsiedler angeregt, Menschen auf seinem Rücken über einen Fluss zu tragen, da er groß und stark ist.