Dritte Kathedrale an gleicher Stelle: Weihe am 30. September 1264

Majestätisch steht er da mit seiner beeindruckenden südlichen Schaufassade: der St.-Paulus-Dom in Münster, Haupt- und Mutterkirche des Bistums, die Kathedrale. Hier steht die "cathedra" der münsterschen Bischöfe, Zeichen und Symbol ihres Lehr- und Verkündigungsauftrags. Schon 76 Hirten haben vom Domhügelin Münster aus ihren Dienst ausgeübt, vom Gründerbischof Liudger zur Zeit Karls des Großen bis zu Bischof Felix Genn in der Gegenwart. Die Kathedrale ist auch der kirchenrechtlich vorgeschriebene Ort, an dem ein neuer Bischof von seiner Diözese "Besitz ergreift" im Beisein von Volk und Klerus. Hier werden die Priester und Diakone geweiht und die Pastoralreferenten entsandt; hier weiht der Bischof zu Beginn der Karwoche die Heiligen Öle, die für die Spendung der Sakramente gebraucht werden. Der heutige St.-Paulus-Dom ist der dritte an gleicher Stelle und hatte schon zwei Vorgängerbauten zu Anfang des 9. und Ende des 11. Jahrhunderts. Allen Zerstörungen und baulichen Veränderungen zum Trotz ist der spätromanische Dom im Kern noch immer ein "Kind" des 13. Jahrhunderts. Vor 750 Jahren, am 30. September 1264, wurde er von Bischof Gerhard von der Mark eingeweiht. Dieses Jubiläum wird vom 26.-28. September gefeiert werden.

Lange hat man geglaubt, Liudger habe vor 1.200 Jahren seine Bischofskirche dort bauen lassen, wo sich heute der Domherrenfriedhof befindet. Doch archäologische Grabungen ab 1987 förderten "nur" eine kleine einschiffige Saalkirche mit halbrunder Apsis zu Tage: wohl eine karolingische Klosterkirche, ein Oratorium, in dem sich die Geistlichen des Klosters zu Gebet und Gottesdienst versammelten. Vom alten "monasterium" hat Münster, das sächsische Mimigernaford, ja seinen Namen. Grab- und Münzfunde belegen, dass sich die erste Kathedrale an der Stelle des heutigen Hauptschiffes des Domes befunden haben muss. Der zweite, von Bischof Dodo begonnene und 1090 von Bischof Erpho eingeweihte spätottonische Dom hatte bereits die Ausmaße der heutigen Bischofskirche. Zerstörungen durch zwei große Feuersbrünste führten dazu, dass Bischof Dietrich von Isenburg 1225 den Grundstein zum Bau des heutigen dritten Domes legte. Die Dombesucher begegnen diesem Fürstbischof übrigens, wenn sie durch die "Paradies"-Halle gehen, als sandsteinerne Statue an der rechten Wand.

Fast 40 Jahre ist an der mächtigen Kathedrale gebaut worden. Etwa zur selben Zeit erstanden auch die Dome in Magdeburg und Bamberg. Mit einer Gesamtlänge von fast 109 Metern, rund 44 Metern Breite der beiden Querschiffe im Westen und Osten und zwei 56 Meter hohen Türmen ist der Paulusdom die größte Bischofskirche Westfalens. Mit seiner monumentalen Außenwirkung und den eindrucksvollen Raumproportionen im Innern sei der Dom "in seiner Einheitlichkeit, in seiner Weite und seiner grandiosen Rhythmik in Deutschland ohnegleichen", ist bei Georg Dehio nachzulesen. Der frühere Dombaumeister Bernhard Dirksmeier hat darauf hingewiesen, dass der heutige Dom in Münster das "gebundene System" zugunsten einer Mischkonstruktion verlassen habe – in Teilen eine Halle, in Teilen eine Basilika: "Dieser Dom hat aus beiden Bautypen die Vorteile gezogen, aus der Hallenkirche die hervorragende Lichtführung und aus dem ottonischen Bau das gebundene System, die konstruktive Ordnung".

Der münstersche Kirchenhistoriker Prof. Alois Schröer hatte Ende des vergangenen Jahrhunderts verlässlich den definitiven Geburts- und Tauftag ("dies natalis ecclesiae") der Kathedrale ermittelt: Es war der 30. September 1264, am Fest des heiligen Hieronymus, ein Dienstag. An diesem Tag sei der heutige Dom durch Bischof Gerhard von der Mark "unter Mitwirkung des Bischofs Kono von Minden und anderer Oberhirten sowie in Gegenwart zahlreicher hoher Gäste geistlichen und weltlichen Standes geweiht und für den heiligen Dienst bereitgestellt worden", schreibt Schröer 1964 in einer Schrift zum 700-jährigen Weihegedächtnis des "Münsterer Domes". Fürstbischof Gerhard von der Mark schenkte der Domkirche zwei große Glocken, die bis zum Zweiten Weltkrieg wohlklingend ihren Dienst versahen. Er starb 1272 und wurde vor dem Hochaltar des St.-Paulus-Domes beigesetzt.

Der heutige Dom trägt wie seine beiden Vorgängerbauten das Patrozinium des "Völkerapostels" Paulus, als einzige Kathedrale in Deutschland übrigens. Münsters Gründerbischof Liudger hatte sich ja stets als Wanderprediger, Mönch und Missionar verstanden, der sich vermutlich erst nach sanftem Druck bereit fand, sich 805 zum Bischof weihen zu lassen. Im heiligen Paulus sah er in seinem Missionierungsauftrag im Land der Friesen und Sachsen gewiss sein Vorbild. Bereits im Jahr 819 wird St. Paulus als Bistumspatron in einer Urkunde erwähnt. Der goldene "Pauluskopf" aus dem 11. Jahrhundert ist in der Domkammer auf dem Horsteberg ausgestellt und gilt als eines der ältesten Kopfreliquiare der abendländischen Kunst. Paulus ist Patron des Bistums, der Domkirche und des Domkapitels, zugleich Stadtpatron von Münster.


Text: Bischöfliche Pressestelle
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben