Christophorus-Riese wurde im 30-jährigen Krieg aufgestellt

Wer den Dom über das "Paradies" betritt, dem fällt dann wohl gleich eins ins Auge: Unübersehbar steht sie da auf einem drei Meter hohen Sandsteinsockel am Nordostpfeiler der Westvierung des Domes: die monumentale Statue des heiligen Christophorus, auf dem rechten Arm das segnende Jesuskind, in seiner Linken ein schlanker Baum als Stützstab.

So sehr die Bomben des letzten Krieges die 750 Jahre alte Kathedrale des Bistums verheert haben, dem Christophorus (aus dem Griechischen: Christusträger) konnten sie nichts anhaben. Seit über 380 Jahren steht er nun schon da. Selbst der berühmte Fabio Chigi, Vertreter des Papstes bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, muss den fünf Meter großen Christophorusriesen schon gesehen haben, wenn er den St.-Paulus-Dom betrat. Die Sandsteinplastik steht seit 1627 an diesem Platz und dürfte eine Arbeit des Bildhauers Johann von Bocholt sein, wie Prof. Max Geisberg 1937 in seinem großen Bau- und Kunstdenkmäler-Werk vermutet hat. Es gab sogar schon eine Vorgängerstatue aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert, die 1534/35 den Zerstörungen der Täuferherrschaft zum Opfer gefallen ist.

Der mittelalterliche Mensch hatte vor nichts so sehr Angst wie vor einem plötzlichen Tod, der ihn überraschend und unvorbereitet traf. Christophorus ist der Patron der Pilger und Reisenden, aber als einer der "Vierzehn Nothelfer" auch der Schutzheilige in der Todesstunde, der den Glaubenden vor einem "jähen Tod" bewahren sollte. Im 30-jährigen Krieg trugen Christophorus-Bruderschaften zur Verehrung des Heiligen bei. An der Domkirche in Münster gibt es seit dem 14. Jahrhundert Christophorus-Reliquien. Bis heute hat sich der Brauch erhalten, dass katholische Christen gerne in ihrem Auto eine Christophorus-Medaille anbringen, um sich der Fürsprache des beliebten Heiligen zu versichern. Rund um den Festtag des Christophorus (25. Juli) finden Fahrzeugsegnungen statt, so auch auf dem Domplatz in Münster.

Was heute kaum mehr bekannt ist: Der 320 Zentimeter hohe Steinsockel an der Ecke des nordöstlichen Vierungspfeilers trug schon die mittelalterliche Christophorusstatue.

Wer genau hinsieht, entdeckt "schwere Verletzungen durch die Beile und Hacken der Wiedertäufer", schreibt Geisberg. Den Täufern war die Vorstellung offenbar ein Graus, dass man an jenem Tag nicht mehr sterben werde, wenn man in der Frühe ein Bild des heiligen Nothelfers angesehen habe. Auf den Rest des Statuensockels wurde 1627 eine neue Fußplatte gelegt, die den Stifter der Kolossalstatue angibt: Es war Johann Heidenreich von Vörden zu Darfeld, der Leiter der damaligen Domschule, der den "neuen" Christophorus in Auftrag gegeben hat. Fotos von 1900 zeigen, dass die Figur ursprünglich farbig gefasst war. Der frühere Kustos der Domkammer, Géza Jászai, sah die Bildgestalt des Heiligen "im Typus robuster Männlichkeit, barhäuptig und vollbärtig, ernst im Gesichtsausdruck, mit zusammengezogenen Augenbrauen". Geisberg hatte von einer "monumentalen, wenn auch derben Figur" gesprochen. Die Geschmäcker waren und sind verschieden. Jedenfalls wird die Christophorusstatue von Münster schon in barocken Reiseberichten neben der Astronomischen Uhr und dem Silberschiff des Fürstbischofs von Galen als eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Domes zu Münster genannt.


Text: Bischöfliche Pressestelle
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben