Ludgerus, Ludger, Liudger?

Im Sprachgebrauch sind dem ersten Bischof von Münster vornehmlich zwei Namen gegeben: Liudger und Ludgerus. Der unterschiedliche Gebrauch ergibt sich aus der Geschichte: Altfrid, der dritte Bischof von Münster und Verwandter des Heiligen, berichtet über seinen Oheim: "Baptizatus autem accepit vocabulum Liudgerus. - Bei der Taufe erhielt er den Namen Liudger." In den Urkunden und Quellen des Heiligen wird nur dieser Name gebraucht.

Erst im 12. Jahrhundert taucht im Münsterland eine neue, dem lateinischen Lautstand angepasste Form des Namens auf. Man ließ das "i" aus. Um 1170 verzeichnete ein Geistlicher an der Ludgeri-Kirche in Münster die in seiner Kirche vom heiligen "Ludgerus" bewirkten Wunder. Im Sprach- und Schriftgebrauch gab es seitdem einen heiligen Liudger und einen heiligen Ludgerus. Der Historiker Heinrich Börsting stellte fest: "Die neue Namensform gewann bald an Boden. Sie kam in der Aussprache dem schweren Zungenschlag der Westfalen entgegen."

In den niederdeutschen Aufzeichnungen des 16. Jahrhunderts tritt der Bischof dann als St. Ludiger, Loger, Lor und Lüer auf. In dem amtlichen Verzeichnis der Märtyrer und anderer Heiliger, das Papst Gregor XIII. 1584 für den kirchlichen Gebrauch festschrieb, ist der Name "Liudgerus" benutzt.

In der kirchlichen Geschichtsschreibung wird ab dem 19. Jahrhunderts der Name Liudger verwandt. Die Lateinisierungen werden fallen gelassen. Heinrich Börsting meint dazu: "Sprachlich empfinden wir Liudger als besonders glaubwürdig für einen Missionar der Friesen und Sachsen. Ludgerus ist in dieser Hinsicht stumm, ohne Zeitkolorit und ohne Bindung an eine bestimmte Geschichtsperiode."

Text: Johannes Bernard, Kirche+Leben
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben
30.03.2005